Kapitalverkehrskontrollen

Während die Troika (EU, EZB und IWF) sich monatelang mit der griechischen Regierung über die Freigabe der letzten Tranche des Ende Juni 2015 ausgelaufenen Hilfsprogramms in Höhe von vergleichsweise läppischen 7,2 Milliarden Euro stritt, hat die EZB, ohne irgendein Mandat der Bürger oder der Parlamente zu benötigen, der griechischen Zentralbank sogenannte ELA-Notkredite von rund 90 Milliarden Euro gewährt.

Das ELA-Programm ist ein Notfallinstrument im europäischen Zentralbankensystem. Es richtet sich an Banken, die sich zeitweise in einer außergewöhnlichen Situation befinden. Gedacht ist es für Geldhäuser, die im Prinzip zahlungsfähig sind, aber vorübergehend Liquiditätsprobleme haben. Ob Banken als solvent gelten oder nicht, beurteilt die EZB. Die Abkürzung ELA steht für die englische Bezeichnung Emergency Liquidity Assistance, also  „Dringende Liquiditätshilfe“. 

Griechenland-Kompromiss

Obdachloser Griechenland

Circa 20.000 Obdachlose leben derzeit auf den Straßen Athens. Ob das den EU-Technokraten bekannt ist?

Seitdem beherrschen die Schlagzeilen um Griechenland die Nachrichten. Ob es zum Grexit kommen wird, also dem Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-System, oder nicht, und welche Konsequenzen daraus erwachsen, lässt sich derzeit nicht verlässlich abschätzen.

Wenn wir die Sachlage nüchtern betrachten, dann wäre alles andere als ein Kompromiss zwischen der griechischen Regierung und der Troika eine große Überraschung. Denn Griechenland will in der EU und der Eurozone bleiben, und die übrigen EU-Staaten wollen die Griechen auch um nahezu jeden Preis in selbiger halten. Beste Ausgangspositionen also, um sich am Ende zu einigen. Zumal den Preis dafür schließlich die Bürger entrichten müssen, nicht die Politiker, was es nochmal leichter macht, besonders freigiebig zu sein.

Auch die aktuelle griechische Regierung kann es sich leisten, von ihrer bisherigen Haltung abzurücken, denn schließlich geht Jahr für Jahr dank der Mitgliedschaft in der Eurozone und der EU ein warmer Geldregen auf Griechenland nieder: Fördergelder für Infrastruktur und Kultur, diverse Sondertöpfe zur Wirtschaftsförderung strukturschwacher Regionen und  Subventionen für die Landwirtschaft. So flossen in den  vergangenen 30 Jahren etwa 200 Milliarden Euro Fördergelder nach Griechenland. Bis 2020 kommen noch einmal 40 Milliarden dazu. Diese Gelder plus neue, billige Kredite von vermutlich weit über 50 Milliarden Euro plus jahrzehntelange Streckung bisheriger Schulden winken als Belohnung für die widerspenstigen Griechen, wenn auch sie sich wieder der Troika unterwerfen.

Die Macht der EZB

Die eigentliche Macht geht in der EU immer offensichtlicher von der EZB aus. Im Euroraum bewahrt die sie Staaten und Banken vor dem Bankrott. Sie versorgt überschuldete Staaten mit jedem gewünschten Kredit- und Geldbetrag zu Tiefstzinsen. Die vergangenen fünf Jahre haben gezeigt, dass letztlich die von niemanden gewählten EZB-Banker über die Zukunft des Euro bestimmen.

Die EZB hat sich bekanntlich zum Ziel gesetzt, die Zusammensetzung des Euroraums zu bewahren, und das heißt für sie vor allem, durch niedrige Zinsen und das Vermehren der Euro-Geldmenge, Zahlungsausfälle zu verhindern. Wenngleich diese Geldpolitik kurzfristig für Ruhe sorgen kann, wird sie folgenreich sein. Denn wenn Schulden immer mit neu geschaffenem Geld zurückgezahlt werden, ist die dauerhafte und schleichende Entwertung des Euro unausweichlich.

Mitte Juni 2015 haben die EuGH-Richter der EZB sogar noch einen Freifahrtsschein ausgestellt: Der letzte Verteidigungswall, der die ungehemmte Staatsfinanzierung durch die Notenpresse verhindern sollte, wurde dadurch auch noch eingerissen. Am 15. Juni 2015 verkündete der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, diejenigen Anleihekäufe der EZB, die mit dem Begriff „OMT“ bezeichnet werden würden angeblich nicht die währungspolitischen Befugnisse der Bank überschreiten und nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedsstaaten verstoßen. Unglaublich, man muss unweigerlich an Unrechtsstaaten denken, die sich auch das Recht so hinbiegen, wie sie es gerade brauchen.

Das EuGH-Urteil hat damit das letzte verbliebene Hindernis aus dem Weg geräumt, das der ungehemmten Staatsfinanzierung mit der elektronischen Notenpresse noch entgegenstand (und zwar durch das Aushebeln von Artikel 123 AEUV, der genau das verbietet, was der EuGH der EZB jetzt erlaubt hat zu praktizieren). Damit hat die EZB eine höchstrichterliche Ermächtigung erhalten und ist de facto von allen verbliebenen Beschränkungen befreit. Wir sind mittlerweile in einer EU-Pseudo-Demokratie angekommen. Die EU-Institutionen mit der größten Machtfülle werden von niemanden gewählt.

Kapitalverkehrskontrollen 

Kapitalverkehrskontrollen sind das übliche Mittel, um sogenannte Bank-Runs zu verhindern. Von einem Bank-Run spricht man, wenn Bank-Kunden massenweise ihre Konten leerräumen. Das Problem: Nur ein kleiner Teil der Geldmenge von vielleicht 3 Prozent, ist Bargeld, also echtes Geld. Der große Rest der Geldmenge ist Giralgeld. Das sind Forderungen an die Banken auf Herausgabe von Bargeld.

Wenn also nur 10 Prozent der Bevölkerung ihre Konten leerräumen wollten, stünden die Banken vor einem unlösbaren Problem und der Geldschwindel würde offenbar: Die Banken wären nicht in der Lage, ihrer Verpflichtung, der Herausgabe von Bargeld, dem noch gesetzlichen Zahlungsmittel, nachzukommen. Deswegen mehren sich von Banken und Politik die Stimmen nach einem Bargeldverbot. Hierzu mehr in einer anderen  Ausgabe. Es gilt: Nur Bargeld ist gesetzliches Zahlungsmittel.

Bei Anordnung von Kapitalverkehrskontrollen werden die Banken vorübergehend ganz geschlossen und auch Online-Überweisungen sind während dieser Zeit nicht möglich. Wenn die Banken wieder öffnen, werden Auslandsüberweisungen verhindert und Abhebungen auf kleine Beträge begrenzt, wie es in Griechenland zu beobachten war. Viele Ökonomen und Politiker in Europa forderten seit Monaten von der griechischen Regierung Kapitalverkehrskontrollen einzuführen, weil seit Dezember 2014 immer mehr Griechen ihr Geld von ihren  Konten abgehoben haben. Die griechische Regierung lehnte Kapitalverkehrskontrollen jedoch strikt ab. Dafür hatte sie mindestens zwei gute Gründe:

  1. Kapitalverkehrskontrollen behindern das Wirtschaftsleben enorm; auch weil die Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, ausländische Rechnungen zu begleichen.

Mitte 2015 ließ dann die EZB der griechischen Regierung keine andere Wahl mehr und diese musste nicht nur die ungeliebten Einschränkungen für den Zahlungsverkehr anordnen, sondern obendrein verfügen, dass die Banken des Landes vorübergehend zu schließen seien – Bankfeiertage nennt man das.

So etwas ist übrigens auch im deutschen Kreditwesengesetz gemäß § 46 „bei Gefahr“ vorgesehen. Als Bankkunde sollten Sie diesen Paragrafen 46 KWG kennen, denn irgendwann kann er auch in Deutschland zur Anwendung kommen: Vorübergehende Schließung der Banken, Geld-Auszahlungsbeschränkung und Überweisungsverbot. Darauf sollte man vorbereitet sein!

Die griechische Regierung verkündete Kapitalverkehrskontrollen erst dann, als es nicht mehr anders ging – weil die EZB sich weigerte, wachsende Geldabflüsse bei den griechischen Banken mit  ELA-Notkrediten auszugleichen.

Der  Grund: Der griechische Staatschef Tsipras brach trotz der fast erreichten Einigung die Verhandlungen in Brüssel am 26.06.2015 ab und kündigte ein Referendum an, um das griechische Volk zu befragen, ob er sich dem Spardiktat aus Brüssel wirklich beugen solle. Mit einem „Nein“ würden die griechischen Banken sowie der Staat vor dem Bankrott stehen, weshalb die Voraussetzungen für weitere ELA-Kredite nicht mehr gegeben waren. Zudem wollte Brüssel ein „Ja“ der Griechen erreichen, weshalb die Kapitalverkehrskontrollen einerseits notwendig, andererseits aber auch als Druckmittel eingesetzt wurden.

Warum haben sie uns gezwungen, die Banken zu schließen? Um Angst unter den Leuten zu schüren“, sagte der Ex-Finanzminister Varoufakis. „Und wenn es darum geht, Angst zu verbreiten, dann nennt man dieses Phänomen Terrorismus.

Übrigens, noch kein einziges Referendum ging pro EU aus! Deshalb fürchten die EU-Technokraten zurecht Volksabstimmungen. So war es dann auch: Bei einer Wahlbeteiligung von 62,50 % wurde am 5. Juli 2015 durch das Referendum der Vorschlag mit 61,31 % der gültigen Stimmen abgelehnt.

Der monatelange Widerstand in Athen gegen Kapitalverkehrskontrollen hatte weniger mit Trotz gegenüber den Gläubigerländern sondern mehr mit Kalkül zu tun: 

  1. Kapitalverkehrskontrollen treffen in allererster Linie das eigene Volk, aus diesem Grund war es für Griechenland allemal günstiger, immer mehr Geld bei der EZB nachzufordern, solange dies nur irgendwie möglich war.

Die griechischen Banken wurden zur Achillesverse des Landes: Seit Monaten räumten die Bankkunden ihre Konten leer, aus Sorge darüber, dass bei einer Pleite des Staates auch die Banken nicht überleben würden. Das Geld wurde ins Ausland überwiesen oder einfach in bar abgehoben.

Fortsetzung folgt!

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