Darum wird die Eurozone zerfallen
Vor wenigen Tagen wurde ein Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) bekannt, nach dem der IWF Griechenlands Schuldenlast als derzeit „unhaltbar“ einstuft. „Selbst bei einer vollständigen Umsetzung der im (Rettungs-)Programm gebilligten Reformen werden die Staatsverschuldung und der Finanzbedarf langfristig explosiv werden“, heißt es in dem Bericht des Währungsfonds.
Griechenland muss bald schon wieder gerettet werden. Das sollte für die Eurozone zu stemmen sein, denn Griechenland ist klein genug, um gerettet werden zu können. Darüber hinaus hat die Eurozone aber noch viel größere Probleme, die nicht mehr beherrschbar sind. Eines davon ist Italien! Vor 60 Jahren wurde in Rom die EWG gegründet und dort könnte auch das Ende des Euros besiegelt werden. Die Probleme in Italien sind riesig und im Gegensatz zu Griechenland ist Italien viel zu groß, um von den anderen hochverschuldeten Staaten der Eurozone gerettet werden zu können.
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Italienische Bankenkrise
In der letzten Ausgabe haben wir die fatale Situation der italienischen Banken geschildert. Die Italiener leiden unter der schwachen Wirtschaft im Land, weshalb viele Schuldner ihre Kredite nicht bedienen können. 21 Prozent aller Kredite in Italien gelten als ausfallgefährdet. Trotz der tatkräftigen Hilfe des Landsmannes und EZB Chefs Draghi in Form von Nullzinsen, sowie zahlreichen Geldspritzen, stehen Italiens Banken am Abgrund.
Wegen der hohen Anzahl notleidender Kredite, in Summe etwa 360 Milliarden Euro, droht zahlreichen italienische Banken die Pleite. 200 Milliarden Euro gelten schon als sicher verloren. Wenn Banken diese uneinbringlichen Forderungen abschreiben würden, ginge ihr Eigenkapital verloren und sie wären pleite. Fatal wäre das insbesondere auch für französische Banken. Sie haben etwa 250 Milliarden Euro an italienische Banken verliehen. Deutsche Banken hoffen noch auf Rückzahlungen von 84 Milliarden Euro.
Am schlimmsten ist die drittgrößte italienische Bank, „Monte dei Paschi“ betroffen. Die EZB hatte der Bank bis zum 31. Dezember 2016 Zeit gegeben, fünf Milliarden Euro an frischem Eigenkapital aufzutreiben, um ihre Finanzlage zu verbessern. Ansonsten wurde der Bank die Abwicklung angedroht. Die angestrebte Zielmarke wurde bei der Kapitalerhöhung nicht erreicht. Um die Abwicklung der Bank abzuwenden, sprang der italienische Staat ein.
Für die Rettung der angeschlagenen Bank „Monte dei Paschi“ hatte die italienische Regierung ein Notfalldekret erlassen. Die Intervention des Staates bedeutet die faktische Verstaatlichung des Geldhauses. „Das Ziel der Intervention des Staates ist es, die Ersparnisse der Bürgern so weit wie möglich zu schützen und Italiens Bankensektor zu stärken“, sagte der neue Ministerpräsident Gentiloni.
Die italienische Regierung holte sich beim Parlament die Erlaubnis für eine Kreditaufnahme von bis zu 20 Milliarden Euro ein, um angeschlagene Banken im Notfall retten zu können. Die Frage die sich sofort aufdrängt: Wie kann ein so immens verschuldeter Staat seine maroden Banken retten? Weder kann Italien sich das leisten, noch wäre es konform zum geltenden EU-Recht!
Wieder einmal hat man sich über gültiges Recht hinweggesetzt, und zwar über die gerade erst geschaffenen EU-Abwicklungsrichtlinien im Zuge der europäischen Bankenunion. Aber so kennen wir mittlerweile die EU. Mit Handlungen, die für „alternativlos“ erklärt werden, setzen sich Politiker relativ häufig über bestehendes Recht hinweg. Nur vier Beispiele: Die gleichzeitige Erfüllung der vier Konvergenzkriterien, die für die Euro-Einführung Voraussetzung war, erfüllte damals nur Luxemburg. Die sehr wichtige Bail-out-Klausel, nach der kein Staat der Eurozone für die Schulden eines anderen Staates haften darf, wird einfach ignoriert. Die EZB darf keine Staaten finanzieren, macht sie aber. Die erst seit einem Jahr gültigen Bail-in-Vorschriften werden schon bei der ersten Bankenrettung ausgehebelt. Es wäre die Aufgabe der Medien hierüber zu berichten – die allermeisten schweigen!
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Too big to fail
Die Insolvenz italienischer Großbanken zuzulassen, kommt für die italienische Regierung nicht in Frage. Deshalb will man in Rom auch das vor etwa einem Jahr eingeführte Bail-in-Verfahren nicht anwenden: Die EU-Staaten hatten sich auf strikte Regeln bezüglich des Handlings strauchelnder Banken geeinigt. Das Resultat dieser Einigung ist, dass im Zuge der „Haftungskaskade“ zuerst die Aktionäre, dann Anleihebesitzer und Sparer für den Schaden aufkommen müssen, bevor der Staat zu Hilfe kommen „darf“.
Die italienische Regierung sieht darin jedoch große politische Risiken. Viele Italiener haben in den vergangenen Jahren auf Anraten der Banken, Bankanleihen gekauft. Hierbei handelt es sich um nachrangige Anleihen. Sollte eine Bank in Schieflage geraten, dass sie abgewickelt werden muss, verlieren die Nachrang-Gläubiger ihr Geld. Den meisten Bankkunden ist dies aber nicht bekannt. Um die eigenen Bürger und Wähler nicht zu verärgern, hat die italienische Regierung entschieden, die aktuelle Rechtslage zu umgehen. Sie führte im Dezember 2016 bei der „Monte dei Paschi“ einen Bail-out durch. So muss der Steuerzahler wieder für die Verluste der Bank aufkommen.
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Umgehung bestehender Gesetze
Die italienische Regierung bekam von der EU-Kommission grünes Licht, Monte dei Paschi mit staatlichen Mitteln retten zu dürfen. Außerdem genehmigte die Brüsseler Behörde, dass auch weitere Banken mit Unterstützung aus öffentlichen Mitteln rechnen können.
Die Bankenrettung in Italien durch den Steuerzahler wird allerdings das Finanzsystems nicht stabilisieren können. Die Endphase des Euros, vielleicht auch die der EU, scheint mit dem Brexit begonnen zu haben.
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In Italien kommt es vermutlich schon am 11. Juni 2017 zu Neuwahlen
Geplant ist die nächste Parlamentswahl im Frühjahr 2018. Aber nach Renzis Rücktritt werden Stimmen der Oppositionsparteien nach baldigen Neuwahlen lauter. In der letzten Woche urteilten die Verfassungsrichter, dass der Weg für Neuwahlen in Italien noch in diesem Juni frei ist, zumindest aus rechtlicher Sicht. Der neue Präsident will aufgrund derzeitiger Umfragewerte ein baldiges Votum verhindern. Als wahrscheinlicher Wahltag wird derzeit der 11. Juni 2017 gehandelt, da an diesem Tag in zahlreichen Regionen Italiens Kommunalwahlen stattfinden.
Es bahnt sich also ein Super-Wahljahr in der Eurozone an: Holland, Frankreich, evtl. Italien und zum Abschluss Deutschland. Brachte das Jahr 2016 mit den Volks-Entscheidungen in Großbritannien und USA schon gravierende Veränderungen, deren mittelfristige Auswirkungen wir uns derzeit noch kaum vorstellen können, so werden die 2017er-Wahlergebnisse möglicherweise den Sprengstoff liefern, der das gescheiterte Euro-Projekt beenden wird.
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Weitere Volksbefragungen bahnen sich an
Nach mehreren Meinungsumfragen in Italien ist Beppe Grillos „Fünf-Sterne-Bewegung“ aktuell die stärkste politische Kraft. Sie möchte Italien aus der Eurozone führen. Bei einem Wahlsieg oder einer Regierungsbeteiligung hat diese Partei ihren Wählern ein Referendum über den Verbleib in der Euro-zone versprochen. Sollte darüber hinaus im Mai 2017 das Wahlergebnis in Frankreich, Marine Le Pen die Möglichkeit geben, will sie die Franzosen in einem Referendum über den Austritt aus der EU entscheiden lassen.
Bisher gab es noch nie eine Volksbefragung, die „pro Euro“ oder „pro EU“ ausgegangen ist. Diese Serie wird vermutlich auch bei möglichen Referenden in Italien und Frankreich anhalten. Aktuell besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Italien innerhalb der nächsten 48 Monate die Eurozone verlassen wird.
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Die Hälfte der Italiener gibt dem Euro die Schuld an der Wirtschaftsmisere
Italiens Wirtschaft liegt am Boden: Die Industrie produziert heute weniger als 1999. Die Arbeitslosenquote liegt bei nahezu 12 Prozent. Eine Besserung der Verschuldungskrise durch Wirtschaftswachstum ist nicht realistisch, so lange Italien den Euro hat. Namhafte Ökonomen wie Prof. Hans-Werner Sinn oder der Wirtschaftsnobelpreisträger Prof. Joseph Stiglitz rechnen mit einem Austritt Italiens aus der Euro-Zone.
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Verlust der Wettbewerbsfähigkeit
18 Jahre Gemeinschaftswährung zeigen ein eindeutiges Bild: Die südeuropäischen Länder haben keine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Sie können nicht mehr ihre Währung abwerten, um so die Wirtschaft anzukurbeln. Sie sind gefangen im Euro und zur Massenarbeitslosigkeit verdammt. Dafür können sie sich dank der gemeinsamen Währung viel billiger verschulden als früher. Das ist der Nährboden für ein mittelfristiges Euro-Desaster.
Die südeuropäischen Länder können ihre fatale Situation nur durch den Austritt aus der Eurozone verbessern. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz sagte vor Kurzem: „Den Italienern wird gerade klar, dass Italien im Euro nicht funktioniert.“
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Rückläufige Industrieproduktion und Wirtschaftsschrumpfung
Die Industrieproduktion in Italien ist seit Jahren rückläufig und liegt mittlerweile wieder auf dem Niveau wie zur Mitte der 1980er-Jahre!
Demzufolge schrumpft die Gesamtwirtschaft.
Im vergangenen Jahr betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur noch 1.852 Mrd. USD. In den letzten 10 Jahren ist das BIP meistens geschrumpft. Es liegt sogar unter dem Wert von 2006. Damals erreichte das BIP einen Wert von 1.944 Mrd. USD.
Wenn man einen „BIP pro Kopf-Vergleich durchführt, ergibt sich folgendes Bild: Es ist von 33.486 USD in 2006 auf 30.294 USD in 2016 geschrumpft.
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Steigende Arbeitslosenquote
Die Arbeitslosigkeit liegt bei etwa 12 Prozent. Von den jungen Erwachsenen sind rund 44 Prozent arbeitslos. Ganze Regionen in Süditalien fallen immer weiter zurück. Es ist keine Besserung in Sicht. Zum Vergleich: Vor 10 Jahren lag die Arbeitslosenquote in Italien bei 6,8 Prozent.
10. Schwache Banken
Die Wirtschaft Italiens befindet sich seit Jahren im Abschwung (orange Linie).
Dadurch verlieren immer mehr Menschen ihren Arbeitsplatz.
Wer aber arbeitslos ist oder keine Aufträge mehr erhält, verdient kein Geld mehr und kann folglich seine Kredite nicht mehr bedienen.
So steigt die Zahl „fauler Kredite“ (blaue Linie).
11.Die hohe Staatsverschuldung
Das Haushaltsdefizit betrug in den letzten 5 Jahren zwischen 43 und 49 Milliarden Euro pro Jahr.
Um diesen Betrag wachsen demzufolge stetig die Staatsschulden (rote Linie).
Obwohl es in Italien wirtschaftlich ständig bergab geht, wird Italien mit immer niedrigeren Zinsen belohnt.
Das ist volkswirtschaftlicher Wahnsinn. Der Zins ist der Preis für das Risiko!
Wenn sich die wirtschaftliche Situation eines Schuldners ständig verschlechtert, muss er rein wirtschaftlich betrachtet, einen immer höheren Zins zahlen, da ja das Ausfallrisiko der Gläubiger steigt. Ein dem Risiko angemessener Zins müsste heute vermutlich bei etwa 20 Prozent liegen! Jedoch ist das nicht möglich, da sonst das Land kollabiert.
Wie krank dieses Geldsystem schon ist, sieht man an der blauen Kurve, die den fallenden Zinssatz abbildet, den das hochverschuldete Italien für 10jährige Schulden zu zahlen hat.
12. Target 2-Salden
Die Entwicklung der Target 2-Salden zeigt, wie kritisch die aktuelle Situation für die Eurozone ist. Target 2-Salden entstehen dadurch, dass beim Handel innerhalb der Eurozone Kredite vergeben werden, die über das Notenbanksystem weitergereicht werden. Man kann sich das ungefähr so vorstellen: Italien hat beim Kneipenwirt (EZB) anschreiben lassen, während Deutschland zukünftige Bestellungen schon vorausbezahlt hat.
Target 2-Salden spiegeln in etwa das Handelsungleichgewicht der Euroländer wider. Im vergangenen Monat hatte Deutschland einen positiven Target 2-Saldo von 754 Milliarden Euro. Das ist die Summe, die die anderen Länder der Eurozone noch an Deutschland zu zahlen haben (linke Skala).
Die rechte Skala zeigt an, dass Italien etwa 360 Milliarden Euro hat anschreiben lassen. Sollte das, momentan für viele Menschen noch Undenkbare eintreten, und Italien die Eurozone verlassen, dürfte der Zerfall der Eurozone nicht aufzuhalten sein. Wer gleicht dann die Target 2-Salden aus? Deutschland ist in sehr großer Gefahr, mittelfristig seine Forderungen von 754 Milliarden Euro gegenüber dem Eurosystem zu verlieren!
13. Fazit
Das Wohlstandsniveau der Italiener liegt auf dem Stand des Jahres 1999 und es ist keinerlei Besserung in Sicht, solange Italien im Euro bleibt. Für Italien hätte ein Euro-Austritt den Vorteil, dass es sich nicht mehr mit dem „starken“ Euro herumschlagen müsste und seine neue Lira wie früher, bei Bedarf abwerten könnte. Diese Einsicht wächst zunehmend bei immer mehr Experten. Die letzten 18 Jahre haben deutlich gezeigt, dass es unter den bisherigen Rahmenbedingungen der Eurozone keine Lösung für Italiens Probleme gibt: Wenige wettbewerbsfähige Unternehmen, rückläufige Industrieproduktion, sehr hohe Arbeitslosenzahlen und steigende Schulden.
Für die anderen Eurostaaten wird es keine Möglichkeit geben, Italien in der Eurozone halten zu können. Ihnen bleibt nur zu überlegen, ob sie Italien mit Transferzahlungen in der Eurozone halten wollen, oder ob sie den Austritt hinnehmen. Die Entscheidung wird mangels Alternativen sehr schnell fallen: Die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone ist viel zu groß für Rettungsschirme. Was mit Griechenland möglich war, ist mit Italien nicht zu stemmen.
Der mögliche Austritt Italiens aus der Eurozone und die damit zwangsläufig entstehende Spekulation, ob mit dem Austritt Italiens, die Einheitswährung am Ende ist, wird Währungsturbulenzen auslösen, die man sich heute kaum vorstellen kann. Für dieses wahrscheinliche Ereignis, ist man mit Edelmetallen weitaus besser gerüstet, als mit Währungen, die nur durch Schulden gedeckt sind.
Gold und Silber sind über Jahrtausende bewährte schuldenfreie Währungen.